Warum der Forderungsverkauf eine interessante Alternative im Forderungsmanagement darstellt
Viele Unternehmen kämpfen mit dem Forderungsmanagement. Offene Forderungen binden Personal und Infrastruktur, außerdem belasten Zahlungsrückstände die Liquidität jedes Unternehmens. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, das eigene unternehmerische Forderungsmanagements zu organisieren. Hier bietet sich beispielsweise auch die Einschaltung professioneller Inkassounternehmen an. Eine weitere Möglichkeit ist das sogenannte Factoring – der Verkauf von Forderungen. Erfahren Sie im folgenden Beitrag, welche Vorteile ein Forderungsverkauf für Ihr Unternehmen haben kann.
Das Forderungsmanagement – lästig, aber sehr wichtig
Fast jedes Unternehmen kennt die Situation: Rechnungen wurden geschrieben, die Liquidität wird dringend benötigt und dennoch zahlen die Schuldner nicht. Hier gehen die Unternehmen unterschiedliche Wege, um die Forderungen einzutreiben.
Mahnschreiben und gerichtliches Mahnverfahren
In den meisten Unternehmen startet jetzt die erste Mahnstufe mit einem oder mehreren Mahnschreiben. Wird immer noch nicht gezahlt, gehen viele Unternehmen den Weg über einen Mahnbescheid. Sie stellen einen entsprechenden Antrag beim zuständigen Mahngericht und warten den Eingang des Mahnbescheides ab. Hier ergeben sich für den Gläubiger viele Unwägbarkeiten. Zwar ergeht nach einer rein formellen Prüfung durch das Mahngericht in der Regel der Mahnbescheid, der dem Schuldner zugestellt wird. Dieser hat aber innerhalb von zwei Wochen Zeit, einen möglichen Widerspruch gegen den Mahnbescheid einzulegen. Dann geht das gesamte Verfahren in ein streitiges gerichtliches Verfahren über. Das kann viel Zeit kosten, insbesondere wenn der Gläubiger mit seinem Widerspruch nur darauf abzielt, das Verfahren zu verzögern. Selbst, wenn der Mahnbescheid ohne Widerspruch wirksam wird, kann das Unternehmen noch nicht sofort vollstrecken. Hier muss zunächst noch ein Vollstreckungsbescheid beantragt werden, der einem Gerichtsvollzieher zur Vollstreckung übergeben werden kann. In dem gesamten Verfahren kann viel Zeit vergehen. Dem Unternehmen fehlt es in der Zwischenzeit häufig an für Investitionen und laufende Kosten benötigter Liquidität.
Beauftragung eines Inkassounternehmens
Andere Unternehmen beauftragen nach erfolglosen Mahnschreiben professionelle Inkassounternehmen mit dem Einzug der Forderung. Diese werden in einem ersten Schritt meistens ihrerseits ein Schreiben an den Schuldner schicken und zum Ausgleich der Forderung auffordern. Dabei entstehen regelmäßig bereits durch die Einschaltung des Inkassounternehmens zusätzliche Kosten für den Schuldner. Inkassounternehmen haben den Ruf, mit Nachdruck Forderungen einzutreiben. Das beeindruckt den einen oder anderen Schuldner. Auf der anderen Seite profitiert mancher Schuldner auch von der Einschaltung des Inkassounternehmens, weil diese vielfach auch Ratenzahlungen vereinbaren. Die Verhandlungen mit dem Inkassounternehmen können dabei leichter fallen, als mit dem Unternehmen. Dennoch vergeht auch hier einige Zeit, bis im Idealfall das Unternehmen über die ausstehenden Forderungen verfügen kann. Eine schnelle Lösung ist die Einschaltung eines Inkassounternehmens deshalb nicht immer. Gibt es eventuell bessere Alternativen? Unternehmen können die Forderung verkaufen.
Was ist Factoring?
Es gibt verschiedene Arten des Forderungsverkaufs. Das Unternehmen kann die Forderung verkaufen und der Käufer übernimmt auch das Ausfallrisiko für die Forderung. Diese Form bezeichnet man als echtes Factoring. Beim unechten Factoring hingegen verbleibt das Ausfallrisiko beim ursprünglichen Gläubiger. Factoring stammt als Begriff aus dem angelsächsischen Sprachraum. Gemeint ist damit zunächst einmal die Übertragung von Forderungen vor Fälligkeit. Dabei ist die Idee des Factoring nicht neu. Bereits die Babylonier und vor allem die Fugger im Mittelalter sollen ähnliche Forderungsübertragungen gekannt haben. Ende des 17. Jahrhunderts gab es in großen Städten wie London immer mehrere sogenannte Factors, die Forderungen aufgekauft haben.
Mit der industriellen Revolution insbesondere im Bereich der Textilindustrie erlangte das Factoring noch größere Bedeutung. In Deutschland führt man den ersten echten Factor-Vertrag moderner Prägung auf das Jahr 1958 zurück.
Was kennzeichnet Factoring
Auch, wenn die Wurzeln des Factoring so weit in die Zeit zurückreichen, waren viele Fragen dazu zunächst rechtlich umstritten. Insbesondere bei Lieferketten und Vorbehaltskäufen war zunächst offen, ob es möglich sein würde, innerhalb verschiedener Rechtsbeziehungen eine Forderung zu verkaufen. Mit einem Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofes (BGH) aus dem Jahr 1978 bekamen das echte Factoring von den Richtern „grünes Licht“. Dabei ging es um die Rechtmäßigkeit eines echten Factoring. Das unechte Factoring kollidiert nach herrschender einung noch heute mit Vorausabtretungen in bestimmten mehrseitigen Rechtsbeziehungen. Bis heute ist das Factoring noch nicht gesetzlich geregelt. Vielmehr betrachten Juristen diese Vertragsart als einen klassischen nicht normierten Vertrag. Manchmal ist nicht klar, ob Unternehmen, die eine Forderung verkaufen, nicht in Wirklichkeit Darlehensnehmer des Forderungsaufkäufers sind. Auch hier entstehen insbesondere beim unechten Factoring häufig Abgrenzungsfragen. Aufgrund der Komplexität von Factoring-Verträgen sind alle Factoring-Formen erlaubnis- und aufsichtspflichtige Finanzdienstleistungen. Wer sich an einen professionellen Factoring Dienstleister wendet, um eine Forderung zu verkaufen, hat es deshalb regelmäßig mit einem professionellen Finanzdienstleister zu tun.
Wie funktioniert Factoring in der Praxis?
Eine Forderung verkaufen – was sich zunächst einfach anhört, ist eine komplexere rechtliche Transaktion. Außerdem bekommt der Factor Gebühren. Die Dienstleister berechnen diese mit einer Gebühr auf den Umsatz und mit Zinsen. Die Zinsen richten sich nach der in Anspruch genommenen Liquidität aus. Der echte Factoring-Prozess wird auch als „True Sale“ bezeichnet. Die Forderung verkaufen ist hier wörtlich und mit allen Konsequenzen gemeint. Der Faktor erwirbt die Forderung und das Ausfallrisiko geht zu 100 % auf ihn über. Das schützt den Forderungsverkäufer vollständig vor einem Forderungsausfall. Das Forderungsmanagement liegt ab diesem Zeitpunkt dem Käufer der Forderung. Er führt bei sich eine Debitorenbuchhaltung, organisiert das Mahnwesen und das Inkasso. In der Bilanz des Käufers erscheint die Forderung auch nicht mehr. Über eine Bilanzverkürzung kann es bei ihm zu einer höheren Eigenkapitalquote kommen. Ein sehr wünschenswertes Ergebnis gerade mit Blick auf das Rating durch Banken.
Die Übertragung der Forderungen erfolgt in mehreren Schritten:
1. In einem ersten Schritt hat der Gläubiger Unternehmen eine Rechnung gestellt und eine Zahlungsfrist gesetzt. Nehmen wir in einem Beispielsfall an, die Zahlungsfrist beläuft sich auf 30 oder 40 Tage. Erst mit Erreichen der Zahlungsfrist wird die Forderung überhaupt fällig. In diesem Zeitraum bis zur Fälligkeit der Forderung kann es dem Unternehmen bereits an erforderlicher Liquidität fehlen.
2. Jetzt spricht das Unternehmen ein Factor-Unternehmen an. Beim echten Factoring prüft der Dienstleister die Forderung, tritt in die rechtliche Stellung des Gläubigers ein und zahlt dem Unternehmen einen Großteil des Rechnungsbetrages sofort aus. Der Auszahlungsbetrag beläuft sich regelmäßig auf einen Betrag zwischen 80 % und 100 % der Forderung. Für die Übernahme der Forderung erhebt das Factoring Unternehmen eine Gebühr.
3. Häufig wird vereinbart, dass das Factoring-Unternehmen einen möglichen Restbetrag der offenen Forderung erst nach Eingang des Geldes und somit Zahlung des Schuldners an den Factoring-Kunden überweist. In diesem Teil Schritt werden auch die Gebühren des Factoring-Dienstleisters einbehalten.
4. Bei hartnäckiger Zahlungsverweigerung werden Inkasso-Vorgänge notwendig. Manche Dienstleister, die Factoring betreiben, organisieren das Inkasso selbst. Andere schalten gesondert Inkassounternehmen ein.
Factoringarten
Neben dem echten und unechten Factoring werden noch weitere Unterarten unterschieden. Das sogenannte offene Factoring ist rechtlich gesehen eine Abtretung von Forderungen. Der Schuldner kann sich nur noch durch Zahlung an die Factoring Firma von der Schuld befreien.
Beim stillen Factoring hingegen wird der Schuldner nicht über die Abtretung informiert, während sich im Hintergrund ein Forderungsverkauf vollzogen hat.
Beim Fälligkeits-Factoring überträgt sich zwar das Ausfallrisiko und das Forderungsmanagement auf den Factor, aber der Gläubiger verzichtet zunächst auf den Kaufpreis für die Forderung.
Inhouse-Factoring ist eine Form, bei der der Factory erst nach Abschluss eines gerichtlichen Mahnverfahrens durch das Unternehmen selbst die Forderung im Inkasso einzieht.
Für manche Unternehmen ist auch das sogenannte Einzel-Factoring interessant. Während normalerweise Factoring-Unternehmen sämtliche Forderungen eines Unternehmens übernehmen, bzw. dabei wenige Ausnahmen machen, erlaubt das Einzel-Factoring, eine einzelne bestimmte Forderung zu verkaufen.
Es gibt außerdem spezielle Factoring-Formen für bestimmte Branchen. Hier ist beispielsweise das VOB-Factoring für Handwerksbetriebe, dass Miet-Factoring bei Mietausfällen und das Anwalts- und Steuerberatungs-Factoring auf Forderungen der jeweiligen Branche ausgerichtet.
Eine Forderung verkaufen – wer ist Ansprechpartner?
Es gibt eine Vielzahl professioneller Dienstleister, die sich auf den Kauf von Forderungen spezialisiert haben. Sie unterliegen wie bereits beschrieben als Finanzdienstleister der Erlaubnis- und Aufsichtspflicht. Die Factoring-Dienstleister wissen, worauf es ankommt, wenn Unternehmen eine Forderung verkaufen wollen. Ihre Prozesse sind optimal auf das Forderungsmanagement und gegebenenfalls auch das Inkasso ausgerichtet. Sie haben auch sämtliche Abläufe in Bezug auf den Factoring-Kunden strukturiert. Unternehmen, die eine Forderung verkaufen wollen, sind deshalb regelmäßig bei diesen Unternehmen in den besten Händen. Allerdings unterscheiden sich die einzelnen Anbieter teilweise sehr bei ihren Bedingungen. Manche Factor-Unternehmen sind direkt an Banken und andere Finanzinstitute angeboten. Manche richten ihre Angebote insbesondere an mittelständische Unternehmen, die eine Forderung verkaufen möchten. Andere haben sich auf internationale Geschäfte spezialisiert. Wieder andere kennen die Bedingungen einer bestimmten Branche besonders gut. Wenn ein Unternehmen eine Forderung verkaufen will, sollte es sich also den passenden Dienstleister aussuchen.
Gibt es Ausschlussgründe für den Forderungsverkauf?
In manchen Verträgen wird ein Abtretungsverbot vereinbart. Die Forderung zu verkaufen, dass ist in diesen Fällen nicht möglich. Auch, wenn eine Leistung nicht vollständig erbracht wurde, scheidet der Forderungsverkauf aus. Nicht pfändbare Forderungen können nicht abgetreten werden. In einzelnen Bereichen gibt es gesetzliche Verbote, eine Forderung zu verkaufen. Im Umkehrschluss bedeutet diese Aufzählung, dass es in den meisten Fällen möglich ist, die Forderung zu verkaufen.
Haben Schuldner etwas vom Forderungsverkauf?
Ähnlich wie beim Inkassounternehmen haben es Schuldner in diesem Fall mit einem professionellen Partner zu tun, der daran interessiert ist, auch in schwierigen Fällen eine pragmatische Lösung zu finden. Eine solche Lösung lässt sich meist leichter finden, wenn der ursprüngliche Gläubiger nicht mehr auf die Liquidität aus der Forderung angewiesen ist.
Fazit: Unternehmen sollten daran denken, eine Forderung zu verkaufen
Dabei geht es nicht um eine einzelne Forderung, sondern auch um die gesamten Forderungen aus einem bestimmten Geschäftsbereich, einer Dienstleistung oder Produktion. Unternehmen sichern auf diese Weise beständig ihre Liquidität und sind gegen das Risiko von Forderungsausfällen weitestgehend abgesichert. Wie weit diese Sicherung geht, hängt von der Art des Factoring ab. Hier gibt es viele Möglichkeiten und Varianten, sodass jedes Unternehmen eine passende finden kann. Ebenfalls steht regelmäßig jedem Unternehmen auch ein passendes Factoring- Unternehmen zur Seite. Wenn Sie sich mit Ihrem Unternehmen nicht mehr über Zahlungsverzug und die Organisation Ihres Mahnwesen Gedanken machen möchten, denken Sie auch daran, die Forderung zu verkaufen.